Krimi rund um das Tabakwerbeverbot

Anfang 2016 schien alles klar zu sein. Der Gesetzentwurf lag vor – die Fraktionen waren sich einig. Dann aber machte die mächtige Tabaklobby Druck:

Bei dem Gesetzentwurf handle es sich um einen „beispiellosen verfassungswidrigen Eingriff in Grundrechte und in den Wettbewerb der Marktwirtschaft“, heißt es beim Deutschen Zigarettenverband (DZV). Damit würde „erstmals für ein an Erwachsene freiverkäufliches legales Genussmittel die Kommunikation zwischen Herstellern und ihren Kunden gesetzlich gänzlich untersagt“. Und es werde nicht dabei bleiben, prophezeit DZV-Geschäftsführer Jan Mücke. „Wer einmal ein totales Werbeverbot mit der Begründung erlässt, dass es den Gesundheitsschutz fördere, schafft damit die Regulierungsblaupause für andere Produkte, deren Genuss mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein kann.“ Dem „Neopuritanismus der Beamten des Bundeslandwirtschaftsministeriums“ müsse dringend Einhalt geboten werden. Tagesspiegel, 10.07.2016

 

Zwar protestierten noch die zuständigen Regierungsstellen:

„Es spricht nichts dagegen, dass sich der Deutsche Bundestag die Zeit nimmt, den Gesetzentwurf der Bundesregierung in Ruhe zu diskutieren“, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mortler dem Tagesspiegel. Klar sei jedoch: Tabakwerbung über Plakate, Kinospots und kostenlose Produktabgabe richte sich „in allererster Linie“ an Jugendliche und junge Erwachsene. „Damit muss jetzt wirklich Schluss sein. Das sehen alle anderen Staaten in der EU genauso.“ Auch Landwirtschaftsminister Schmidt verwies auf die Nachbarländer. In einem Außenwerbeverbot für Zigaretten sehe er „nichts Ungewöhnliches, wenn ich mich in den anderen EU- Mitgliedsstaaten und auf meinen Reisen umschaue“, sagte der Minister dieser Zeitung. „Im Gegenteil: Wir sind das einzige Land in Europa, in dem Tabakwerbung im Außenbereich noch erlaubt ist.“ Rauchen sei „das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko“, es verursache „immense gesundheitliche Folgekosten“. Daher halte er an dem Ziel fest, die Außen- und Kinowerbung für Tabakprodukte zu verbieten. Tagesspiegel, 10.07.2016

Anfang November schrieben Schmidt, Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) einen Brandbrief an alle 310 Unionsabgeordneten. „Kinder und Jugendliche können der Tabakwerbung auf Plakaten im öffentlichen Raum und im Kino nicht ausweichen“, mahnten sie. Den Staat komme die Nikotinsucht teuer zu stehen: Tabaksteuereinnahmen von 14 Milliarden Euro Jahr stehen durch Rauchen verursachte Mehrkosten von 78 Milliarden Euro gegenüber. Und schließlich gebe es „erhebliche öffentliche Zustimmung für […] eine Beschränkung der Tabakwerbung“. Laut einer repräsentativen Umfrage der GfK für das Deutsche Krebsforschungszentrum sind 74 Prozent der Deutschen für das Ende der Tabakwerbung. Sogar eine knappe Mehrheit der Raucher will das Verbot. Spiegel, 7.3.2017

 

Aber das Ende des Gesetzes war schon beschlossen

Es gebe „da noch Diskussionsbedarf“, begründete die Chefin der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt den Rückzieher. Werbung für legale Produkte zu verbieten, sei schließlich ein „ziemlicher Eingriff“. Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer lehnt ihn rundweg ab. Die bestehenden Werbeverbote seien „sehr ausreichend“, meint der CDU-Politiker. Jeder Bürger könne selber entscheiden, was gut oder schlecht für ihn sei. Tagesspiegel, 10.07.2016