Simbabwe: „… müssen niesen und bekommen schwer Luft“

»Wenn es ans Aus­sor­tie­ren geht, müs­sen wir nie­sen und be­kom­men schwer Luft. Es ist der Ta­bak­ge­ruch. So­bald er dich er­wischt, fühlt es sich an, als hät­test du dich ver­brannt« sagt Fun­ga­ni. Der Sim­b­ab­wer ar­bei­tet auf ei­ner Ta­bak­farm im nörd­li­chen Be­zirk Mas­ho­na­land.

Mit gerade 16 Jahren ist er einer von Hunderten Kindern und Jugendlichen, die auf den gewinnbringenden Plantagen des südafrikanischen Landes schuften – und sich nach und nach vergiften, wenn es nach »Human Rights Watch« (HRW) geht. Die Menschenrechtsorganisation erhebt schwere Vorwürfe gegen Simbabwes lukrative Tabakindustrie. Demnach sei es nicht nur gängige Praxis, Kinder als Pflücker einzusetzen, die Minderjährigen erlitten durch die Arbeit mit den Blättern darüber hinaus auch gesundheitliche Schäden.

»Eines der größten Gesundheitsrisiken der Tabakwirtschaft ist akute Nikotinvergiftung, oder auch Grüne Tabakkrankheit genannt. Sie wird ausgelöst, wenn man über die Haut das Nikotin der Blätter aufnimmt«, warnt die Organisation. Für seinen Bericht »Eine Bittere Ernte: Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen auf Simbabwes Tabakfarmen« interviewte HRW 14 Kinder. Von diesen hätten alle nach Aufnahme der Tabakarbeit mindestens ein Krankheitssymptom gezeigt, darunter Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel.

Brustschmerzen und Husten

»Wir schlafen dort, wo der Tabak getrocknet wird und die Luft schlecht ist«, zitiert HRW den 18-jährigen Moses. »Während der Tabaksaison habe ich andauernd Brustschmerzen und Husten. Manchmal fühle ich mich auch schwindelig und habe Kopfschmerzen.« Die 12-jährige Mercy berichtet vom Einsatz am Pestizidspray: »Wir rühren das Mittel mit Wasser an. Wenn wir zu sprühen beginnen, könnte ich mich übergeben, weil die Chemikalie so stinkt.« Simbabwes Arbeitsgesetze verbieten Kinderarbeit und sehen besondere Auflagen für die Arbeit mit Nikotin vor. Die Aktivisten prangern jedoch die laxe Umsetzung der Gesetze an. So gäbe es in ganz Simbabwe bloß 120 zuständige Inspektoren. »Simbabwes Regierung muss dringend Maßnahmen ergreifen, um Tabakarbeiter besser zu schützen«, fordert Margaret Wurth, HRW-Kinderrechtsexpertin.

Zudem sieht sie Handlungsbedarf bei multinationalen Unternehmen wie British American Tobacco oder der Japan Tobacco Group: »Konzerne, die Tabak aus Simbabwe kaufen, sollten sicherstellen, dass sie dabei nicht die Gesundheit und Bildung von Kindern aufs Spiel setzen.«

Dazu kommen die ökologischen Folgen des Anbaus – weltweit. Experten nennen unter anderem Urwald-Rodungen, Monokulturanbau, Überdüngung und Pestizideinsatz

Derzeit erlebt das Land einen politischen Frühling, nachdem die Armee vergangenen November den Autokraten Robert Mugabe nach 38 Jahren im Amt zum Rücktritt zwang.

Fruchtbare Böden

Simbabwe ist reich an fruchtbaren Böden. Doch unter Mugabes umstrittenen Landreformen erlitt der ehemalige »Brotkorb Afrikas« einen schweren Produktionsrückgang: 4000 weiße Kommerzfarmer hatte der Demagoge von ihrem Land vertreiben lassen. Kombiniert mit weiteren Fehlentscheidungen brach die Wirtschaft daraufhin nach der Jahrtausendwende komplett ein. Der neue Präsident, Emmerson Mnangagwa, ist bestrebt, dem politischen auch einen wirtschaftlichen Frühling folgen zu lassen. Im April reiste er zum Staatsbesuch nach China, wo er mit Präsident Xi Jinping den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen besprach.

Berichten zufolge werden in China nicht nur die meisten Zigaretten geraucht (Zwölf pro Tag pro Einwohner), der asiatische Staat ist weltweit auch der am schnellsten wachsende Tabakkonsument.

Viel entscheidender ist allerdings, dass Harare und Peking das Verhältnis auf eine »umfassende strategische Partnerschaft« hochstufen wollen, wie das chinesische Staatsfernsehen berichtete.

Quelle: Main-Echo